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Walther Bensemann

Fußballpionier

geboren am 13. Januar 1873 in Berlin – gestorben am 12. November 1934 in Montreux (Schweiz)

Jeder Fußballfan kennt die Fußballzeitung Der Kicker. Aber wer weiß schon, dass es den Kicker seit 1920 gibt und dass sein Begründer Walther Bensemann heißt? Bensemann muss sein Lebenswerk in Deutschland zurücklassen, als er im März 1933 vor den Nazis in die Schweiz flieht.

Walther Bensemann ist ein Pionier des deutschen Fußballs. Ein Visionär, der von der völkerverbindenden und friedensstiftenden Kraft des Fußballspiels zutiefst überzeugt ist. Mit zehn Jahren schickt ihn sein Vater auf eine englische Schule im schweizerischen Montreux, wo er das ihm bis dahin unbekannte Fußballspiel entdeckt. Im Alter von 14 Jahren gründet er mit Mitschülern den Football Club Montreux. Wenig später wechselt er auf das Gymnasium in Karlsruhe. Hier beginnt seine fußballerische Mission in Deutschland: Bereits kurz nach seiner Ankunft gründet er mit dem International Football Club den ersten Fußballverein in Süddeutschland. Bensemann erinnert sich: „Im September 1889 ließ ich aus der Schweiz einen Fußball kommen; der Ball wurde morgens vor der Schule aufgeblasen und in der 10-Uhr-Pause musste bereits ein Fenster des Gymnasiums daran glauben. (…) Direktor Wendt erklärte sich mit der Bezahlung des Fensters einverstanden und schickte uns auf den kleinen Exerzierplatz, Engländerplatz genannt.“ Zwei Jahre später, am 17. November 1891, gründet Bensemann dann den Karlsruher FV, der mit den beiden späteren jüdischen Nationalspielern Julius Hirsch und Gottfried Fuchs 1910 seine erste Deutsche Meisterschaft erringt.

1892 macht Walther Bensemann in Karlsruhe sein Abitur. Die folgenden Jahre als Student der Englischen und Französischen Philologie an verschiedenen Universitäten werden zu seinen fußballerischen Wanderjahren: Bensemann ist an der Gründung von Fußballvereinen in Straßburg, Baden-Baden, Frankfurt, Freiburg, Heidelberg, Mannheim, Marburg und München beteiligt. Noch heute bekannte Spitzenclubs wie Eintracht Frankfurt oder der FC Bayern München gehen auf von Bensemann gegründete Vereine zurück. Darüber hinaus organisiert er internationale Spiele deutscher Teams gegen Mannschaften aus Frankreich und England. Auch an der Gründung des DFB im Januar 1900 in Leipzig ist Walther Bensemann entscheidend beteiligt. Er ist es, der auf der Gründungsversammlung im Leipziger „Mariengarten“ den Namensvorschlag „Deutscher Fußball-Bund“ macht und dem heutigen größten Einzelsportverband der Welt seinen Namen gibt.

Die Erfahrung des Ersten Weltkrieges bestärkt Walther Bensemann in seiner Überzeugung, dass Fußball friedensstiftend wirken könne: „Der Sport ist eine Religion, ist vielleicht heute das einzig wahre Verbindungsmittel der Völker und Klassen.“ Sprachrohr dieser „pazifistischen Sportidee“ wird Der Kicker. Dank seiner guten internationalen Beziehungen vermittelt Bensemann deutschen Vereinen regelmäßig ausländische Spielpartner und Trainer. Seine Initiativen beeinflussen maßgeblich die Entwicklung des deutschen Fußballs. Jedoch werden die Aktivitäten Bensemanns im Kreise der nationalistisch orientierten DFB-Führung mit großem Argwohn beobachtet. Nicht selten ist er in den Verbandsblättern des DFB Ziel publizistischer Angriffe.

Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 bleibt Walther Bensemann nur die Flucht in die Schweiz. Sein Lebenswerk, ein liberales, weltoffenes und mit der friedensstiftenden Idee des Fußballs verbundenes Fußballmagazin, entspricht nicht den Vorstellungen der neuen Machthaber. Walther Bensemann stirbt am 12. November 1934 mit nur 61 Jahren in Montreux.

Lorenz Peiffer

 

Weiterführende Literatur

Beyer, B.-M.: Der Mann, der den Fußball nach Deutschland brachte. Das Leben des Walther Bensemann. Ein biografischer Roman. Göttingen 2014 (2. überarbeitete Auflage).

Beyer, B.-M.: „Der König aller Sports“. Walther Bensemanns Fußball-Glossen. Göttingen 2008.